Die auferstandene Frau
Mia Iff
Ursprüngliche Sage
Die Sage „Die auferstandene Frau“ nach Hubert Gutermann erzählt von einer verstorbenen Frau, die überraschend in ihrem Grab erwacht und ihrem Mann einen gewaltigen Schrecken einjagt.
Im alten Friedhof an der südlichen Mauer befindet sich das Grabdenkmal der auferstandenen Frau, Susanne Albert, der Gemahlin des hochverdienten Stadtschreibers und Rechtsrates Alberti von Schweinfurt. Dieser hatte sein Amt in Schweinfurts schwerster Zeit am 2. März 1558 angetreten. Susanne Albert starb am 8. Februar 1565 nach der Geburt ihres Kindes, das bereits am 19. Januar 1565 verstorben war. Auf ihrem Grabmal wurde deshalb auch ein Wickelkind dargestellt, und an diesem Grabstein knüpft sich eine schaurige Sage.
Die Frau Susanne Alberti soll im Herbst 1564, wahrscheinlich infolge der Pest, in einen Starrkrampf verfallen sein, den man für ihren Tod gehalten hatte. Tote aus vornehmen Ständen wurden damals nachts bestattet. So wurde auch die Gattin des Stadtschreibers nachts bei Fackelschein in einem Gruftgewölbe des alten Friedhofs beigesetzt. Dabei bemerkte der Totengräber am Finger der Frau einen wertvollen Ring.
Nachdem sich die Trauernden entfernt hatten, kehrte der Totengräber mit einer Laterne nochmals in das Gruftgewölbe zurück. Er versuchte, den Ring vom Finger der vermeintlichen Leiche zu ziehen, doch trotz seiner Mühe gelang es ihm nicht. Plötzlich richtete sich die totgeglaubte Frau im Sarg auf und schaute mit großen, schreckenvollen Augen um sich. Entsetzen ergriff den diebischen Totengräber, und eilig floh er von dem unheimlichen Ort.
Die wieder erwachte Frau erhob sich aus dem Sarg, ergriff die Laterne, die der zu Tode erschrockene Totengräber zurückgelassen hatte, und verließ damit den Friedhof. Sie schritt im langen, weißen Totenhemd wie ein Gespenst durch den Steinweg (heute Schultesstraße), die Spitalstraße und über den Marktplatz zur Hellersgasse, wo sich ihre Wohnung im Eckhaus des Marktes und der Hellersgasse befand.
Zitternd vor Frost kam sie an und zog mehrmals an der Hausglocke. Der schrille Ton hallte schaurig durch das nächtliche Haus. Die Magd, die aus dem Fenster schaute, erkannte die erst wenige Stunden zuvor begrabene Herrin und glaubte, ein Gespenst zu sehen. In ihrer Angst weckte sie den schlafenden Herrn Alberti, der wütend reagierte und die Magd tadelte.
Plötzlich erschallte unten im Hausgang Pferdegetrappel. Die Pferde des Herrn Alberti hatten sich im Stall losgerissen und waren in den Hausgang gelaufen. Sie durchstießen klirrend die Fensterscheiben im Erdgeschoss und streckten die Köpfe hinaus. Nun erschrak auch Herr Alberti. Er erkannte seine Frau und öffnete schnell die Tür. Voller Freude brachte er seine „auferstandene“ Frau zu Bett, die sich wieder erholte und bald darauf einem Kinde das Leben schenkte. Doch soll sie nach diesem grauenvollen Erlebnis nie mehr gelacht haben und bald darauf wirklich gestorben sein (8. Februar 1565). Sie wurde dann neben ihrem kurz zuvor verstorbenen Kind im alten Friedhof bestattet, und ihre Gruft wurde mit dem noch erhaltenen Grabstein geschmückt. Die Gestaltung der Figur ist von ihrem gespenstigen Auftreten in langen Gewändern inspiriert und stellt die Frau kurz nach ihrem Erwachen dar.