Der Wassernix aus dem schwarzen Loch
Diana Hense
Ursprüngliche Sage
„Der Wassernix vom Schwarzen Loch“ zusammen mit „Die drei Jungfrauen im Schwarzen Loch“ bieten einen Einblick in die schaurigen Sagen über den Teich in den Wehranlagen, in dem zur damaligen Zeit ein angsteinflößender und unbekannter Wassernix zusammen mit seinen Töchtern gelebt haben soll.
Drüben beim dritten Wehrwäldchen liegt das Schwarze Loch, ein schmaler, dunkler See mit grünlich schimmernden Wasserpflanzen. Vor langer Zeit soll hier das Schloss eines betagten Wassergeistes gestanden haben, welcher ganz unten auf dem Grund des stillen Sees sein verborgenes Wasserschloss bewohnte. Der graubärtige Alte kommt jedoch nur selten an die Oberfläche und bleibt verborgen, denn er hegt einen tiefen Groll gegen die Menschen, die seine Ruhe stören. Wer ihn im dichten Schilf erblickt, erschrickt vor seinem strengen Gesicht, das von schlingenden Pflanzen entstellt ist. Niemand darf sein verborgenes Reich betreten, und wer es dennoch wagt, ist unrettbar verloren, denn das schwarze Loch ist unergründlich tief und gefriert selbst im kältesten Winter nicht.
Einmal verirrte sich ein Reiter, kam vom Weg ab, und der Nix zog ihn lautlos mitsamt seinem Pferd in die unheimliche Tiefe. Manche behaupten, sie hätten seine Gestalt noch aufrecht auf dem Pferd sitzend am scheinbaren Grund des Wassers gesehen.
Der Wassernix bewacht streng alle Geheimnisse um das Schwarze Loch. Ein Sennfelder Fischer wollte die Tiefe des Sees ergründen und stieß auf den unnachgiebigen Widerstand des Wassermanns. Trotz mehrerer Versuche mit einem Fährbaum und einer Bleikugel erreichte er niemals den Grund. Einige behaupteten sogar, dass das Schwarze Loch mit der Nordsee oder dem Schwarzen Meer in Verbindung stünde.
In der Dämmerung lauert der alte Nix, und es ist niemandem geraten, zu nahe ans Ufer zu treten. Die einzige Freude des alten Nix sind seine drei jungen, außerordentlich hübschen und lebensfrohen Töchter. Bei ruhigem Wasser lassen sie sich manchmal an der Oberfläche blicken. Die Wasserjungfrauen tauchen lautlos aus dem See empor, kämmen ihr langes blondes Haar im Sonnenschein und beobachten die Natur um sich herum. Ihre wunderbare Schönheit und ihre üppigen blonden Haare vergisst niemand, der sie jemals gesehen hat. Sobald der Wassernix jedoch merkt, dass sich Menschen nähern, schickt er seine Töchter mit einem grässlichen Fluch in die Tiefe.
Die Töchter lebten lange Zeit glücklich miteinander, doch nach einigen Jahren wurde es ihnen langweilig. Eines Abends hörten sie fröhliches Singen und Jubeln vom Dorf Sennfeld her, wo die Kirchweih begonnen hatte. Am Kirchweihsonntag baten sie ihren Vater um Erlaubnis, die Feierlichkeiten besuchen zu dürfen. Nach anfänglichem Zögern gestattete er es unter der Bedingung, dass sie um 11 Uhr wieder zu Hause sein sollten, andernfalls drohte er ihnen harte Strafen an.
Die Wasserjungfrauen erschienen im Tanzsaal des Gasthauses zur Traube, gekleidet in grüne Gewänder. Ihr Anblick ließ den Tanz pausieren, und die Musikanten verstummten vor Bewunderung. Die Männer drängten sich um die Schönheiten, und der Tanz setzte pausenlos fort. Doch 15 Minuten vor 11 Uhr verschwanden die drei, um ihren Vater nicht zu enttäuschen.
Am nächsten Tag fieberten die Sennfelder Burschen dem Abend entgegen. Werden die Wasserjungfrauen wieder kommen? Erleichtert über die Pünktlichkeit ihrer Töchter gestattete der Wassermann einen weiteren Besuch auf deren erneute Bitte. Doch warnte er erneut vor harten Strafen für den Fall einer Verspätung.
Die Burschen begrüßten die drei Töchter mit großer Freude. In einer Tanzpause jedoch manipulierte ein junger Mann die Uhr, um die Zeit mit den Wasserjungfrauen zu verlängern. Die Mädchen tanzten vergnügt weiter, beruhigt durch den Blick auf die Uhr. Als die Zeit knapp wurde, verließen sie das Fest rechtzeitig.
Ein neugieriger Bursche folgte den Mädchen heimlich und erschrak, als er sie auf das Schwarze Loch zugehen sah. Mit einem Klatschen und Aufspritzen des Wassers verschwanden sie in der Dunkelheit. Der Wassermann hatte seine Töchter mit dem Tod bestraft, und seitdem gab es kein Lebenszeichen mehr aus dem Gewässer. Die Skulptur stellt die Schwanzflosse des geheimnisvollen Wassernix dar, der für immer in die Tiefe des Schwarzen Loches verschwindet.